Künstlerportrait des Monats
Juni 2025
Günther Lamprecht
Maler
Ein Interview mit dem Maler Günther Lamprecht
Frage: Bitte stelle dich unseren Lesern kurz vor. Wer bist du und was machst du als Künstler?
GL: Mein Name ist Günther Lamprecht, ich bin 74 Jahre alt und lebe seit 1974 in Großbardorf. Neben meiner beruflichen Tätigkeit als Lehrer habe ich mich über all die Jahre mit der Malerei beschäftigt, tue dies natürlich nach wie vor und arbeite vorwiegend abstrakt.
Frage: Wann und wie hast du begonnen, dich künstlerisch zu betätigen?
GL: Wann meine künstlerische Betätigung begonnen hat, vermag ich nicht sicher zu sagen. Woran ich mich noch ziemlich gut erinnern kann, ist die Tatsache, dass ich in der Grundschule meine Hefteinträge im Fach Heimatkunde – so wurde das Fach zur damaligen Zeit bezeichnet – mit viel Ehrgeiz und Energie grafisch gestaltete und von meinem Lehrer dafür Lob und Anerkennung erhielt. Das war sozusagen ein Motivationsschub für mich. Auch im Fach Zeichnen und Werken sahen die Beurteilungen durchweg äußerst positiv aus. Diese Tatsache zog sich wie ein roter Faden durch meine weitere Schullaufbahn, auch wenn das Fach jetzt Kunsterziehung hieß. Meine Kunsterzieher in der Gymnasialzeit hatten somit sicherlich auch einen erheblichen Anteil an meiner künstlerischen Entwicklung.
Frage: Gab es einen bestimmten Moment oder Einfluss, der dich dazu inspiriert hat?
GL: Ganz entscheidend für meine weitere Entwicklung als Maler war wohl im Jahr 1973 die Begegnung mit Conrad Westpfahl, der als bedeutender Vertreter des Deutschen Informel gilt. Ich hatte das Glück, mit ihm einen besonders freundlichen, weltoffenen und hochgebildeten Menschen kennenlernen zu dürfen.
Durch das Thema meiner Zulassungsarbeit für das erste Staatsexamen „Entwurf einer Unterrichtseinheit an einem Werk von Paul Klee“ war ich auf C. Westpfahl zugegangen, um mir Anregungen und Tipps zu holen. Die bekam ich dann in umfangreichem Maß in Form von Literatur und Hinweisen seinerseits. Daraus entwickelte sich durch viele weitere Begegnungen ein freundschaftliches Verhältnis. Ich konnte von ihm bezüglich seiner Ideen, Anschauungen und seiner Arbeitsweise sehr viel lernen und profitieren.
Frage: Was sind deine bevorzugten Medien oder Techniken, mit denen du arbeitest?
GL: Es sind Mischtechniken, mit denen ich vornehmlich arbeite. Dabei kommen Acrylfarben, Dispersionsfarben, Sprühlacke, Kreiden, Sand oder auch Asche zum Einsatz. Als Werkzeuge dienen Pinsel, Spachtel, Schwamm, Kugelschreiber, Farb-,Blei- und Pigmentstifte.
Frage: Welche Themen oder Motive inspirieren dich in deiner Kunst?
GL: Da gibt es vieles, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht. Emil Schumacher, einer der wichtigsten Vertreter der informellen Kunst, äußerte sich anlässlich einer Ausstellung zu seinen Werken mit folgender Aussage: „Wie könnte ich mich der Natur entziehen…“. Man sagt nicht zu Unrecht, die Natur ist der beste Maler: Wolkenformationen, Geäst von Bäumen, Risse im Erdreich, die Struktur von Baumrinden, altes Mauerwerk.. die Beispielreihe ließe sich beliebig fortsetzen. All diese Erscheinungen können zur Inspiration beitragen.
Frage: Kannst du uns etwas über deine kreativen Prozesse erzählen? Wie gehst du vor, wenn du ein neues Kunstwerk schaffst?
GL: Beim Schaffensprozess gibt es recht unterschiedliche Herangehensweisen und Ansätze. Es fließen natürlich persönliche Gegebenheiten, Bewusstes und Unbewusstes, Stimmungen und Gefühle mit ein. Zudem versuche ich, in verschiedenen Arbeitsschritten, Spannung und Ausgewogenheit ins Bild zu bringen, auch ein gewisses Maß an Energie spürbar werden zu lassen und ein Wechselspiel zwischen Ruhe und Spontaneität sichtbar zu machen. Da ich auch mit Material und Werkzeugen experimentiere, ergeben sich beim Malprozess auf der Bildfläche manchmal Überraschungen, auf die es zu reagieren gilt.
Frage: Gibt es andere Künstler oder Kunstbewegungen, die einen Einfluss auf deine Arbeit haben?
GL: Mit Emil Schumacher und Conrad Westpfahl habe ich bereits zwei Vertreter der informellen Kunst genannt. Daneben sind noch Karl Otto Götz, Bernhard Schultze, Rolf Cavael, Gerhard Fietz, Fritz Winter und Hann Trier zu erwähnen. Die Reihe ließe sich noch um etliche Namen erweitern. Ich möchte jedoch betonen, dass mich auch andere Kunstrichtungen interessieren, ob Impressionismus, Expressionismus oder die Malerei der Renaissance oder des Barock.
Frage: Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
GL: Als lyrische Abstraktion? Der Begriff wurde Mitte des 20.Jahrhunderts von Georges Mathieu geprägt für eine Gruppe französischer Maler, die als Vorläufer und Vertreter des Informel gelten. Bei der lyrischen Abstraktion wurden statt der konstruktiven und geometrischen Elemente der Abstrakten Malerei spontane Improvisationen und künstlerisch umgesetzte Empfindungen eingesetzt.
Mit dem Begriff „Stilrichtung“ ist das ohnehin eine etwas schwierige Sache, da Entwicklungen und Übergänge meist fließend sind und sich gegenseitig beeinflussen. So würde ich meinen Stil am ehesten als ungegenständliche Malerei beschreiben.
Frage: Welche Bedeutung hat Kunst in deinem Leben?
GL: Sie begleitet mich und ich beschäftige mich damit seit meiner Schulzeit. Die Beschäftigung mit der Malerei sorgt bei mir für innere Ruhe, Ausgeglichenheit und Zufriedenheit.
Frage: Hast du besondere Ziele oder Projekte, an denen du derzeit arbeitest oder auf die du hinarbeitest?
GL: Momentan stehen eigentlich keine besonderen Ziele oder Projekte an. Im Mai 2023 war eine Einzelausstellung von mir mit dem Thema „Spielarten des Ungegenständlichen“ in der Kreisgalerie in Mellrichstadt geplant, die aber leider nach einem Brand nicht stattfinden konnte und abgesagt werden musste. Wann und ob es einen neuen Termin für eine Präsentation gibt, ist bis dato nicht bekannt.
Frage: Was möchtest du mit deiner Kunst beim Betrachter erreichen oder vermitteln?
GL: Das Nach- und Weiterdenken des Betrachters soll in Gang gebracht werden, wenn er sich fragt, was das Dargestellte bedeuten soll. Kunst soll bewegen, die Sinne aktivieren, eben zum Denken anregen. Sie bietet die Möglichkeit, Emotionen zu wecken und positive Impulse zu vermitteln. Der Betrachter soll sich berühren lassen vom künstlerischen Prozess, auch wenn er ihn vielleicht nicht unbedingt nachvollziehen kann.
Es gibt neben den Künstlern mit dem klar Lesbaren und eindeutig Verständlichen auch jene, die nicht nur Sichtbares abbilden, sondern Unsichtbares und Verborgenes sichtbar machen wollen.
Frage: Hast du einen bestimmten Lieblingsmoment oder Erfolg in deiner künstlerischen Karriere, den du gerne teilen möchtest?
GL: Dieser Moment oder auch Erfolg liegt bereits viele Jahre zurück. Es war meine erste Teilnahme an einer Kunstausstellung, der 7. Kunstausstellung in Bad Königshofen 1978. In einer Rezension schrieb Frau Dr. Eva-Suzanne Bayer im Kulturteil der Main-Post unter dem Titel „Vom Reichtum der heimischen Kunstszene“ u.a. Folgendes: „Während diese Arbeiten bei aller Qualität doch ein wenig gefällig bleiben, scheut man sich in Bad Königshofen auch nicht vor der experimentellen Moderne. Günther Lamprecht, Jahrgang 1950 und Schüler des kürzlich verstorbenen Altmeisters der Abstraktion Conrad Westpfahl, ist mit vier Collagen in Mischtechnik vertreten. Durch Farbwerte und die Dicke des Farbauftrags erreicht er eine starke Expressivität und Räumlichkeit seiner kleinformatigen Bilder. Hier bahnt sich ein außergewöhnliches, noch etwas unkontrolliertes Talent an.“
Eine solche, mich persönlich aufbauende positive Beurteilung meiner Arbeiten hatte ich in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet. Was aus dem sich anbahnenden außergewöhnlichen, noch etwas unkontrollierten Talent geworden ist, müssen heute andere beurteilen.
Frage: Wie gehst du mit künstlerischer Blockade oder Rückschlägen um?
GL: Dazu muss ich sagen, dass die zum Glück nur selten vorkommen. Vielleicht ist das auf die Tatsache zurückzuführen, dass ich hin und wieder eine schöpferische Pause einlege. Wenn sich aber eine Blockade einstellt, lasse ich eine Arbeit liegen oder stelle eine Leinwand in eine Ecke und beschäftige mich mit anderen Dingen, z.B. mit Literatur über Astrophysik und Kosmologie, um mich abzulenken.
Frage: Gibt es etwas, das du jungen aufstrebenden Künstlern raten würdest?
GL: Sie sollten versuchen, unbeirrt den eigenen Weg zu gehen, eine eigene Bildsprache und Ausdrucksweise zu finden bzw. zu entwickeln und sich nicht von Rückschlägen oder Enttäuschungen entmutigen lassen,
Frage: Wie siehst du die Rolle von Kunst in der Gesellschaft heute?
GL: Kunst ist in all ihren Formen ein wichtiger Bestandteil von Gesellschaften und Kulturen. Sie ist und war seit jeher Ausdruck menschlichen Daseins. Sie bildet eine Brücke zwischen verschiedenen Kulturen und Zeiträumen und bietet eine Art universeller Sprache, die über Worte hinausgeht.
Frage: Gibt es etwas, das du unseren Lesern gerne über dich mitteilen möchtest, das sie vielleicht noch nicht wissen?
GL: Ich sehe mich eher als zurückhaltenden, kritischen Zeitgenossen, der den Dingen immer auf den Grund gehen möchte und vieles hinterfragt, bin aber auch ein selbstkritischer Mensch, mit einem Hang zum Perfektionismus, wodurch man sich leider manchmal selbst im Wege steht.
Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast, um unsere Fragen zu beantworten.
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