Künstlerportrait des Monats

Juni 2024

Ralph Milewski

Fotograf

Ralph Milewski

Ein Interview mit dem Künstler und Fotografen

Ralph Milewski

Frage: Bitte stelle dich unseren Lesern kurz vor. Wer bist du und was machst du als Künstler?

RM: Ich fotografiere, was mir begegnet. Nicht, was ich suche. Mein Name ist Ralph Milewski. Ich lebe in der Rhön und arbeite an fotografischen Serien, die sich mit Beobachtung, Reduktion und Wahrnehmung beschäftigen.

Frage: Wann und wie hast du begonnen, dich künstlerisch zu betätigen? Gab es einen bestimmten Moment oder Einfluss, der dich dazu inspiriert hat?

RM: Es war ein langsames Hineinwachsen, kein Aha-Moment. Ich habe irgendwann aufgehört, nach Vorbildern zu suchen, und stattdessen angefangen, genauer hinzusehen – auf meine Umgebung, auf Situationen, auf Bildräume. Seitdem wächst die Arbeit organisch weiter.

Frage: Was sind deine bevorzugten Medien oder Techniken, mit denen du arbeitest?

RM: Digitale Schwarzweiß-Fotografie, meistens mit kleiner Ausrüstung. Ich arbeite ausschließlich mit vorhandenem Licht und reduziere die Mittel so weit wie möglich. Die Spannung entsteht für mich nicht durch Technik, sondern durch das, was bleibt, wenn man alles Überflüssige weglässt.

Frage: Welche Themen oder Motive inspirieren dich in deiner Fotografie?

RM: Menschen im Raum. Bewegung, Stillstand, Spuren von Handlung. Ich bin kein Jäger von Motiven, sondern jemand, der dem Alltäglichen erlaubt, Bedeutung zu zeigen. Mich interessieren Räume mit Geschichte – auch, wenn niemand darin ist.

Frage: Kannst du uns etwas über deine kreative Prozesse erzählen? Wie gehst du vor, wenn du ein neues Kunstwerk schaffst?

RM: Ich arbeite ohne festen Plan. Es beginnt mit Beobachtung. Dann folgt Geduld. Ich bringe mich in eine Position, aus der ich reagieren kann – ohne dass ich zwingend eingreifen muss. Serien entwickeln sich bei mir oft aus wiederholtem Sehen heraus.

Frage: Gibt es andere Künstler oder Kunstbewegungen, die einen Einfluss auf deine Arbeit haben?

RM: Natürlich. Aber kein Einfluss ersetzt das eigene Sehen. Robert Frank, Jim Goldberg – sie haben mir gezeigt, dass es keine Grenzen zwischen dokumentarisch und persönlich gibt. Aber mein Blick ist kein Zitat, sondern eine Reaktion auf das, was mir zugänglich ist.

Frage: Wie würdest du deinen fotografischen Stil beschreiben?

RM: Reduziert. Kontrastreich. Ungeduldig. Ich bevorzuge Bilder, die etwas offenlassen, statt zu erklären. Viele Motive entstehen unterwegs – aus einem Moment heraus, der nicht reproduzierbar ist. Das ergibt eine gewisse Rohheit, die ich bewusst nicht glätte.

Frage: Welche Bedeutung hat Fotografie in deinem Leben?

RM: Sie strukturiert meinen Blick. Sie schärft meine Wahrnehmung. Ich fotografiere nicht, um zu verarbeiten, sondern um wach zu bleiben. Es gibt Tage, an denen das Foto das einzig Konkrete ist, das bleibt.

Frage: Hast du besondere Ziele oder Projekte, an denen du derzeit arbeitest oder auf die du hinarbeitest?

RM: Ich arbeite an den Rear Seat Diaries, einem offenen, fortlaufenden Projekt. Die Serie erweitert sich ständig – konzeptionell wie formal. Mich interessiert, was sich zeigt, wenn Bewegung, Begrenzung und Beobachtung zusammenkommen. Es gibt keine geplante Vollendung.

Frage: Was möchtest du mit deiner Fotografie beim Betrachter erreichen oder vermitteln?

RM: Wenn das Bild etwas auslöst, ohne dass ich es erklären muss, ist es genug. Ich halte nichts von pädagogischen Botschaften. Ich glaube an die Kraft des Bildes – nicht an die Absicht dahinter.

Frage: Hast du einen bestimmten Lieblingsmoment oder Erfolg in deiner künstlerischen Karriere, den du gerne teilen möchtest?

RM: Wenn ein Bild unabhängig vom Kontext funktioniert – ohne Erklärung, ohne Etikett. Wenn es einfach da ist und steht.

Frage: Wie gehst du mit künstlerischer Blockade oder Rückschlägen um?

RM: Es gibt Phasen, in denen keine Bilder entstehen. Ich sehe das nicht als Krise. Stillstand gehört dazu – oft ist er fruchtbarer als blinder Aktionismus.

Frage: Gibt es etwas, das du jungen aufstrebenden Künstlern raten würdest?

RM: Hört auf, gefallen zu wollen.

Frage: Wie siehst du die Rolle von Kunst in der Gesellschaft heute?

RM: Kunst ist kein Korrektiv, kein Pflaster, keine Dienstleistung. Sie ist ein eigenständiger Denkraum. Wer sie zur Illustration gesellschaftlicher Prozesse macht, hat ihre Kraft nicht verstanden.